Landessortenversuche Winterweizen 2017

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Winterweizen mit Wetter- und Erntestress

Das Fazit der Ernte 2017 fällt in der Summe enttäuschend aus. Die Ertragsspanne innerhalb eines Betriebs, aber auch zwischen verschiedenen Regionen, war so groß wie lange nicht mehr. Trockenheit und Hitze begrenzten die Erträge im Westen von NRW. Dauerregen im August führte im Osten von NRW und besonders in den Höhenlagen zu einer erheblichen Ernteverzögerung und Qualitätseinbußen.

Mehr Extreme gehen eigentlich nicht

Nach einem extrem trockenen September 216 brachten die Aussaatmonate Oktober und November günstige Aussaatbedingungen. Auch der Dezember war sehr trocken und sonnenreich. Mit deutlichen Niederschlagsdefiziten und ohne Krankheiten ging es ins neue Jahr. Im Januar folgte eine längere Frostphase ohne Schneeauflage, die auch weniger winterharte Sorten ohne Probleme überstanden. Sehr schwer hatten es zu diesem Zeitpunkt Spätsaaten, die durch den trockenen Dezember und den kalten Januar sehr verzögert aufliefen.

Die Monate Februar und März waren ungewöhnlich warm. Im Unterschied zu den Vorjahren war der Krankheitsdruck mit Gelbrost sehr gering. Mitte April folgte ein später und sehr ungewöhnlicher Kälteeinbruch mit Frostnächten bis minus 6 °C. Der April war nicht nur 2,5 °C kälter als normal, er war zudem sehr trocken. In den Monaten Mai und Juni folgte extreme Trockenheit und Hitzestress, unter dem vor allem leichtere Böden und der gesamten Südwesten von NRW litten. Jeder Bodenpunkt mehr und jeder Liter Regen mehr bedeutete Schutz vor Trockenschäden, vorschneller Abreife und letztendlich mehr Ertrag. Ende Juni bot sich in NRW ein sehr unterschiedliches Bild: Vorzeitig abreifende Bestände auf den leichten Standorten und dem gesamten Südwesten und grasgrüne, fast normal abreifende Bestände auf den besseren Standorten oder in den Höhenlagen im Osten von NRW.

Schon Mitte Juli begann im Rheinland so früh wie lange nicht mehr die Weizenernte. Anfang August war die Ernte im Rheinland und auf den leichten Böden in Westfalen bis auf wenige Restflächen ohne Fallzahlprobleme abgeschlossen. Die Erträge waren unterdurchschnittlich, manchmal auch katastrophal. Bis dahin sah es auf den guten Böden in Süd- und Ostwestfalen nach einer guten Weizenernte aus. Dauerregen ab Mitte Juli behinderte hier die zeitgerechte Ernte, die auch am 20. August noch nicht überall abgeschlossen war. Lager, Fallzahlprobleme, Auswuchs und höhere Trocknungskosten beim Drusch zu feuchter Bestände machten aus den scheinbaren Gewinnern bis Ende Juni dann auch noch Verlierer der diesjährigen Weizenernte.

Sortenentscheidung gründlich überdenken

Nach einem Jahr mit enttäuschenden Erträgen hinterfragt jeder Landwirt die Sortenentscheidung des letzten Jahres. Bei der Auswahl für die kommende Aussaat sollte Jeder zunächst die für ihn wichtigen Sortenkriterien definieren. Wichtigste Kriterien bleiben Ertragshöhe und -sicherheit. Daneben spielen Qualität, Früh- oder Spätsaateignung, Stoppelweizeneignung, Früh- oder Spätreife, Winterhärte, Blattgesundheit, Fusariumanfälligkeit und Fallzahlstabilität eine für jeden Landwirt unterschiedliche Rolle. Bei größeren Anbauflächen sollte nicht alles auf eine Karte gesetzt werden. Gezielte Sortenwahl ist in Zeiten zunehmender Wetterkapriolen praktizierte Risikominderung und Erlössicherung.

Was ändert die neue Dünge-VO bei der Sortenwahl?

Intensiv wird momentan über die Auswirkungen der neuen Dünge-Verordnung auf die Sortenwahl diskutiert. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass die sehr ertragreichen A- und B-Weizen gegenüber den C-Weizen bei der Düngebedarfsermittlung ab jetzt besser gestellt sind. Auch beim Nährstoffvergleich haben Sie durch die in der Regel höheren Proteingehalte bei gleicher Ertragsleistung höhere, zumindest aber gleich hohe Nährstoffentzüge wie der klassische Futterweizen. E-Weizen erreichen trotz hoher N-Bedarfswerte durch das eingeschränkte Ertragsniveau nicht die Entzugsleistung im Nährstoffvergleich. Daher sollten Betriebe mit angespannten N- und P-Bilanzen ihr Hauptaugenmerk auf A- und B-Sorten richten.

Mittel- und spätreifende Sorten sind der Standard

Bei Winterweizen führt die Landwirtschaftskammer insgesamt neun Landessortenversuche mit mittel- und später abreifenden Sorten durch. Zwei Standorte stehen auf den Lößstandorten der Köln-Aachener Bucht, drei auf Lehmstandorten, einer auf einem Sandstandort und drei in Höhenlagen. Die Prüfung erfolgt in drei Intensitätsstufen. Stufe 1 mit normaler N-Düngung, geringem Einsatz an Wachstumsreglern und ohne Fungizide prüft Gesundheit und Standfestigkeit der Sorten. Stufe 3 wird praxisüblich mit normaler N-Düngung und hoher Intensität bei Pflanzenschutz und Wachstumsreglern gefahren. Hier sollen die Sorten zeigen, was sie beim Ertrag können. In Stufe 2 wird bewusst auf die Fusariumspritzung in die Ähre verzichtet. In dieser Stufe kann die Fusariumanfälligkeit der Sorten getestet werden. Aufgrund des witterungsbedingt geringen Befalls im Jahr 2017 gibt es hier keine neuen Erkenntnisse. Die Versuchsergebnisse für 2017 sind in Tabelle 1 dargestellt. Ergänzt werden sie für die mehrjährige Auswertung durch zusätzliche Standorte aus Niedersachsen. Besonders für Sandstandorte ist NRW mit nur einem Versuchsstandort dringend auf weitere Versuchsergebnisse angewiesen. Die mehrjährigen Ergebnisse für die Standortgruppen sind in Tabelle 2 zu finden.

Vorteile durch frühreife Sorten?

In den Tabellen 3 und 4 sind zusätzlich die aktuellen und die mehrjährigen Versuchsergebnisse von frühreifen Weizensorten aufgeführt. Geprüft werden hier in NRW auf den gleichen Standorten Sorten, die in der Beschreibenden Sortenliste in Punkto Reife mit einer drei, in der Regel aber mit einer vier beschrieben sind. Mit Porthus steht im normalen Prüfsegment eine weitere ertragsstarke Sorte der Reifestufe vier. Rumor steht als Vergleichssorte in beiden Sortimenten.

Für die Klimabedingungen in NRW kann die frühere Abreife Vorteile bringen, sie muss es aber nicht. Beim Vergleich der Ertragsergebnisse 2017 wird im Vergleich der Tabellen 1 und 3 deutlich, dass frühreifere Sorten in NRW mit Ausnahme der Standorte Erkelenz-Venrath und Haus Düsse sogar besser abgeschnitten haben. Auch an den beiden anderen Standorten ist die Ertragsdifferenz nur sehr gering - in einem Jahr mit ausgeprägter Frühsommertrockenheit kein unbedingt überraschendes Ergebnis. Vorteile besitzen frühreife Sorten auch als Vorfrucht vor Winterraps. In großen Ackerbaubetrieben mit knapper Mähdruschkapazität bringen begrenzte Anbauanteile frühreiferer Sorten zusätzlich mehr Mähdruschtage und damit mehr Erntesicherheit.

Wer die Vorteile schildert, der darf die Nachteile nicht vergessen. Viele frühreife Sorten verfügen über eine eingeschränkte Winterhärte. Im Rheinland ist das in Normaljahren kein allzu großes Problem, auf Höhenstandorten aber in keinem Fall akzeptabel. Über eine überdurchschnittliche Winterhärte in diesem Segment verfügen nur Rumor und Boregar.

Sortenempfehlungen für die kommende Aussaat

Das aktuelle Prüfsortiment ist mit 41 Sorten sehr umfangreich. Aus unserer Sicht kann die Empfehlung auf deutlich weniger Sorten eingeschränkt werden. Für Weizen nach Vorfrucht Raps, Zuckerrüben, Kartoffeln oder Mais werden vorrangig mindestens dreijährig geprüfte Sorten empfohlen. Die Reihenfolge der Auflistung erfolgt nach Qualitätsgruppe und dann alphabetisch.

Mindestens dreijährig geprüfte Sorten

A-Weizen

Julius: Beim Ertrag kein Überflieger, aber immer noch eine eingeschränkte Empfehlung für alle Standortgruppen, wenn es um Stärken bei Frühsaateignung, Winterhärte, Fallzahlstabilität oder guter A-Qualität geht.

RGT Reform: Eine gute bis sehr gute Ertragsleistung kombiniert mit Frühsaateignung, Winterhärte, guter Standfestigkeit, relativ guter Blattgesundheit, Fusariumtoleranz und Fallzahlstabilität. Viel mehr geht eigentlich nicht. Eine sichere Empfehlung für alle Standorte. bei der Qualität ein knapper A-Weizen.

Rubisko: Frühreife, begrannte Sorte mit guter Blattgesundheit und sehr guter Fusariumtoleranz. Empfehlung für Löß, Lehm und Sand. Die höhere Auswinterungsneigung schränkt die Empfehlung für Höhenlagen ein, von der Qualität eher ein B-Weizen.

B-Weizen

Alexander: Im Mittel der Jahre eine gute Ertragsleistung, kombiniert mit sehr guter Winterhärte, Standfestigkeit und Fallzahlstabilität sind die Stärken der Sorte. Die höhere Mehltau- und Fusariumanfälligkeit, das niedrige TKG und die aus der Praxis berichtete schlechtere Druscheignung schränken die Empfehlung ein. Passt auf Löß, Lehm, Sand und Höhenlagen.

Benchmark: Spitzensorte im dreijährigen Ertragsvergleich. Die relativ gute Standfestigkeit und die Fallzahlstabilität sind die Stärken der Sorte. Auf Braun- und Gelbrost muss geachtet werden. Empfehlung für Löß, Lehm und Sand. Die höhere Auswinterungsneigung schränkt die Empfehlung für Höhenlagen ein.

Bergamo: Gute bis sehr gute Ertragsleistungen mit guter B-Qualität, die durch die niedrigen Fallzahlen und die schlechte Fallzahlstabilität in der Vermarktung als Brotweizen sehr stark gefährdet ist. Gute Standfestigkeit, anfällig bei Mehltau und Braunrost. Eingeschränkte Empfehlung auf Löß, Lehm, Sand und Höhenlagen.

Johnny: Gute und stabile Ertragsleistung, sehr üppiger Blattapparat. Im Jahr 2017 stärkerer Gelbrostbefall. Empfehlung für Löß, Lehm und Sand. Die höhere Auswinterungsneigung schränkt die Empfehlung für Höhenlagen ein.

Rumor: Frühreifer Weizen mit guter Winterhärte. Gute Standfestigkeit, in den Vorjahren stärker gelbrostanfällig, gute Fusariumtoleranz, kleinkörnig. Empfehlung für Löß, Lehm, Sand und Höhenlagen.

Tobak: Stabil hohes und zuverlässiges Ertragsniveau im mehrjährigen Vergleich. Eine sichere Bank, wäre da nicht die sehr hohe Anfälligkeit bei Fusarium. Aus Gründen der Risikoabsicherung Anbauanteile und Fruchtfolgestellung kritisch überdenken. Die Braunrostanfälligkeit hat sehr stark zugenommen. Empfehlung auf Löß, Lehm, Sand und in Höhenlagen.

C-Weizen

Anapolis: Gute und bis auf Lehmstandorten stabile Ertragsleistung. Saatzeitflexibel, standfest, blattgesund und mit geringer Anfälligkeit bei Fusarium. Empfehlung für Löß und Sand. Einschränkungen bei der Winterhärte begrenzen die Empfehlung in Höhenlagen.

Elixer: Gute Ertragsleistung bei guter Winterhärte. Die höhere Lagerneigung und die Anfälligkeit bei Mehltau und Braunrost machen einen intensiveren Pflanzenschutz notwendig. Gute Fusariumtoleranz. Empfehlung für Löß, Lehm, Sand und Höhenlagen.

Manitou: Ertragsleistung auf dem Niveau von Anapolis und Elixer. Gute Winterhärte bei mittlerer Blattgesundheit und Fusariumeinstufung fünf. Im Jahr 2017 stärkerer Gelbrostbefall. Empfehlung für Löß, Lehm, Sand und Höhenlagen.

Smaragd ist eine Spezialempfehlung für Sandstandorte. Die höhere Lagerneigung, die schlechte Einstufung bei Fusarium und die schlechte Fallzahlstabilität sind zu beachten.

Sorten mit zwei Prüfjahren

B-Weizen

Bosporus erreicht zweijährig ein durchschnittliches Ertragsniveau. Als winterharte, standfeste, blattgesunde, fusariumtolerante und fallzahlstabile Sorte verspricht er Anbauern eine hohe Anbausicherheit. Faustus als frühreifere Sorte zeigt mit Rumor vergleichbare Ertragsleistungen. Gustav konnte die sehr guten Vorjahresergebnisse nicht ganz bestätigen. Er ist winterhart, standfest und fusariumtolerant. KWS Maddox ist die Ertragsüberaschung des Jahres 2017. Die eingeschränkte Winterhärte, die nur mittlere Blattgesundheit und die Fusariumnote sechs müssen beachtet werden. Porthus ist frühreif, fusariumtolerant und fallzahlstabil. Auch Porthus ist nur eingeschränkt winterhart.

C-Weizen

Sheriff ist ein sehr spätreifer Futterweizen mit hat mit seiner verhaltener Jugendentwicklung Frühsaateignung. Standfest mit Fusariumnote vier.

Was zeigten die neuen Sorten?

Der A-Weizen Achim erzielte im ersten Prüfjahr unterdurchschnittliche Erträge. Er ist sehr winterhart und gesund, leider aber auch lageranfälliger. Kashmir überzeugt mit hohen und stabilen Erträgen. Wie bei Achim muss die höhere Lagerneigung beachtet werden. Kamerad ist eine kurze, sehr standfeste Sorte mit Fusariumnote drei. Die Ertragsleistung ist leicht unterdurchschnittlich. KWS Talent ist ein relativ gesunder B-Weizen mit Lager- und Fusariumeinstufung fünf. Die sehr gute Ertragseinstufung des Bundessortenamtes konnte 2017 nicht ganz bestätigt werden. Die Proteingehalte sind niedrig. LG Auch Imposanto erreicht mit Fusariumnote drei ein leicht unterdurchschnittliches Ertragsniveau.

Bei den neuen Frühreifen zeigt Nemo auf Löss überdurchschnittliche Erträge auf Niveau von Rubisko. Auch bei RGT Sacramento sollte vor einem stärkeren Anbau ein weiteres Prüfjahr abgewartet werden. Beide Sorten sind begrannt und nur eingeschränkt winterhart.

Saatgut früh bestellen

Schlechtere Erträge, die regional sehr schlechte Sortierung und Auswuchs haben auch 2017 Auswirkungen auf die Saatgutverfügbarkeit. Wer seine Wunschsorte haben möchte, der sollte umgehend bestellen. Der Saatgutmarkt ist mittlerweile überregional. Dennoch geben die Vermehrungsflächen einen guten Überblick über die Saatgutverfügbarkeit.