Hohe Toxingehalte in Körnermais und CCM

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2014 war stärkerer Fusarienbefall im Mais zumeist ausgehend von der Kolbenspitze zu beobachten.


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Fusarieninfektionen können von Ernteresten an der Bodenoberfläche ausgehen. Fotos: Norbert Erhardt


Zur Ernte 2014 zeigten sich in vielen Maisbeständen Verpilzungen an Kolben und Körnern. Auch in den Landessortenversuchen Körnermais der Landwirtschaftskammer trat standortspezifisch Kolbenfusariumbefall auf, der zum Teil deutlich überhöhte Toxingehalte im Erntegut mit sich brachte.

Fusariumpilze überdauern an organischem Material im und auf dem Boden. Ausgehend von dieser „organischen Brücke“ kann der Mais in Abhängigkeit vom Sporendruck und der Witterung auch im Kolben infiziert werden. Als Eintrittspforten dienen offene Narbenfäden oder auch Verletzungen an Korn bzw. Kolben zum Beispiel infolge eines Maiszünslerbefalls. Die Infektionen werden durch hohe Temperaturen und Feuchtigkeit gefördert. Im weiteren Verlauf breitet sich der Fusariumpilz im Kolben aus. Das weitere Pilzwachstum kann auch unter kühlen Bedingungen erfolgen und wird insbesondere durch anhaltende Feuchtigkeit begünstigt. Die dabei entstehenden Stoffwechselprodukte sind toxisch und zählen zu den sogenannten Fusarientoxinen.

Die bekanntesten Fusarientoxine sind Deoxynivalenol (DON), Zearalenon und Fumonisin. Für die Verarbeitung zu Lebensmittel gelten in der EU bei Getreide und Körnermais Grenzwerte z. B. von 1,75 mg DON/kg. Überhöhte Toxingehalte in der Futterration können insbesondere bei Schweinen Krankheiten und Fruchtbarkeitsstörungen nach sich ziehen und auch schon in latenten Mengen eine Verringerung der Futteraufnahme und Leistungsabfall verursachen. Für die Verfütterung werden Orientierungswerte, die sich auf die Belastung der Gesamtration beziehen, in Ansatz gebracht. So wird davon ausgegangen, dass es zum Beispiel für DON bei Konzentrationen von unter 0,9 mg DON/kg zu keinen Beeinträchtigungen in der Schweinemast kommt. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei mehreren Toxinen im Futter zu synergistischen Effekten kommt, die einen Leistungsabfall oder sogar Gesundheitsstörungen zur Folge haben können.

Günstige Infektionsbedingungen 2014

Genau zur Maisblüte um den Monatswechsel Juli/August 2014 stellten sich in NRW mit der feucht-schwülen Witterung offensichtlich ideale Infektionsbedingungen für Fusarien ein, die lokal durch Starkniederschläge noch zusätzlich begünstigt wurden. Wo auf Grund der Standortbedingungen Infektionen gesetzt werden konnten, bestanden dann unter anhaltend feuchten Bedingungen im August gute Voraussetzungen für das weitere Wachstum der Fusarienpilze. Im Gegensatz zu anderen Jahren mit stärkeren optischen Fusarienbefall waren 2014 regelmäßig Sorten mit eng anliegenden, an der Kolbenspitze zugeschnürten Lieschblättern, stärker betroffen. Bei höheren Temperaturen im September war zu beobachten, dass sich unter den geschlossenen Lieschblättern „Kondenswasser“ ansammelte und sich offensichtlich ein Mikroklima zwischen Lieschblättern und Körnern einstellte, welches das weitere Pilzwachstum und die Toxinbildung begünstigte.

Dieser Prozess wurde dadurch gefördert, dass die Lieschen durch das Pilzmycel regelmäßig verkleben, so dass auch Sorten, die unter normalen Bedingungen eher mit offenen Lieschblättern abreifen, nach Ausgangsbefall stärkere Verpilzungen zeigten. Im Gegensatz dazu waren in anderen Jahren mit stärkerem Befall eher Sorten mit offenen Lieschen betroffen, wenn Anfangsbefall an der Kolbenspitze über Niederschläge weiter in den Kolben eingewaschen wurde. In den Landessortenversuchen der Landwirtschaftskammer waren diesjährig ab Ende September  an einzelnen Standorten erste, zum Teil massive Verpilzungen beobachten.

Fusarienbefall in den Landessortenversuchen

Deutlich optischer Befall der Kolben mit Fusarienpilzen war zur Ernte an den Versuchsstandorten Milte, Kreis Warendorf, Haus Düsse, Kreis Soest und Delbrück-Ostenland, Kreis Paderborn zu finden. Demgegenüber zeigte der Mais in den Versuchen am Standort Dülmen-Merfeld, Kreis Coesfeld fast keinen und an den rheinischen Versuchsstandorten Neulouisendorf, Kreis Kleve und Kerpen-Buir in der Köln-Aachener Bucht nur latenten Befall. An den Standorten mit deutlich optischem Befall wurden Rückstellproben (Mischproben aus 3 bzw. 4 Wiederholungen) getrocknet und mittels ELISA-Test hinsichtlich der Toxinbelastung durch die LUFA NRW untersucht. Dabei ist zu beachten, dass der ELISA-Test eher als qualitative Untersuchungsmethode zu betrachten ist. Während die gemessenen Werte im Bereich bis zu 1,0 mg/kg DON noch als relativ sicher zu beurteilen sind, lassen höhere Prüfergebnisse schon auf eine deutliche Toxinbelastung schließen. Die absolute Höhe der Messwerte sollte dann aber weniger stark berücksichtigt werden.

Diesbezüglich liefern andere Analyseverfahren wie z. B. HPLC wesentlich aussagekräftigere Ergebnisse. Aus Kostengründen kommen diese Verfahren aber für Serienuntersuchungen wie in den umfangreichen Sortenprüfungen nicht zur Anwendung. In den Landessortenversuchen wurden die Sorten nur auf den DON-Gehalt als „Leittoxin“ untersucht. In der Praxis sollte Körnermais und CCM auch bezüglich Zearalenon und Fumonisin untersucht werden. Auch diese Toxine sind regelmäßig in Maisernteprodukten zu finden.

Hohe Toxingehalte bei optischem Befall

Im Vorfeld der Serienuntersuchung wurden je Standort jeweils drei Sorten mit optisch starkem Befall und eine Sorte, die keinen Pilzbefall zeigte, untersucht. Dabei war zu erkennen, dass zumindest in NRW 2014 die Sorten, die sich durch visuell starken Befall auszeichneten, auch mit deutlich höheren Toxingehalten auffielen. Im Mittel aller Sorten wurden mittels ELISA-Test am Standort Milte 2,3 mg/kg, in Haus Düsse 2,5 mg/kg und in Delbrück-Ostenland sogar 4,1 mg/kg DON gemessen. In Milte lagen damit 29 und in Haus Düsse und Delbrück-Ostenland jeweils 31 Sorten oberhalb des Orientierungswertes von 0,9 mg/kg DON. Lediglich für die Sorten LG 30222 und Ricardinio wurde an jedem Standort eine Toxinbelastung gemessen die unterhalb des Orientierungswertes lag. Die Sorten Alduna, Luigi CS, Kultivas, Kwinns, LG 30215, KWS 2322 und Zoey zeigten an jeweils zwei Standorten DON-Gehalte unterhalb des Orientierungswertes, fielen aber an einem Standort durch DON-Gehalte über dem Orientierungswert auf. Alle anderen Sorten hatten den Orientierungswert an zwei oder drei Standorten überschritten.

Jahres- und Standorteinflüsse überwiegen

Das massive Auftreten von Kolbenfusarien im Mais 2014 ist in NRW vor dem Hintergrund des Wettergeschehens als eindeutiger Jahreseffekt einzustufen. In anderen Jahren, auch mit deutlich optischen Symptomen wie zuletzt im Jahr 2010, konnten in den Sortenversuchen bei Stichprobenuntersuchungen bislang keine überhöhten DON-Gehalte ermittelt werden. Auch aus anderen Bundesländern, insbesondere aus Süddeutschland, wird 2014 von auffallend hohen Toxingehalten im Körnermais berichtet. Die jährlichen Untersuchungen der bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft lassen dabei erkennen, dass die niedrigsten DON-Gehalte 2014 zum Teil deutlich oberhalb der Höchstwerte aus den Vorjahren liegen. Des Weiteren ist bekannt, dass immer wieder einzelne Standorte den Befall mit Kolbenfusarium begünstigen. Hier dürften Standorte mit schweren Böden, welche Feuchtigkeit besser halten, stärker betroffen sein als Sandstandorte, die zwischenzeitlich immer besser abtrocknen können. Darüber hinaus können dann in Jahren mit hohem Infektionsdruck und guten Infektionsbedingungen ackerbauliche Maßnahmen, zu denen, neben der Fruchtfolge und der Bodenbearbeitung, auch die Sortenwahl zählt, zum Tragen kommen.

Was kann die Praxis tun?

Im Vorfeld der Verfütterung an Schweine sollten CCM und Körnermais aus der Ernte 2014 in Hinsicht auf die Toxingehalte untersucht werden. Je nach Belastungsgrad können dann zusammen mit der Fütterungsberatung Strategien wie das Verschneiden oder der Einsatz von Toxinbindern entwickelt werden, um Leistungsabfälle oder gesundheitliche Probleme bei den Tieren zu umgehen oder zu lindern. Ackerbaulich ist zukünftig daran zu arbeiten die Infektionsketten für Fusarien zu unterbrechen. Dazu gehört als erstes das Strohmanagement vor und nach dem Maisanbau. Zumindest nach dem Maisanbau sollten Maisstoppel und Maisstroh gemulcht werden und oberflächig mit Boden in Verbindung gebracht werden, um die mikrobielle Zersetzung der Erntereste zu fördern. Wo mit Problemen gerechnet wird, ist eine saubere Pflugfurche vor dem Mais- und Getreideanbau unbedingt empfehlenswert. Diese Maßnahmen tragen gleichzeitig dazu bei die Etablierung des Maiszünslers zu verzögern, bzw. den Schädlingsdruck im tolerierbaren Rahmen zu halten.

Auch eine weitere Fruchtfolge, unter Umständen mit der Einschaltung einer Blattfrucht, kann den Infektionsdruck grundsätzlich reduzieren. Hinsichtlich der Sortenwahl fehlt es zumindest für unsere Region an ausreichenden, vor allen mehrjährigen Untersuchungen. So zeigten in NRW 2014 auch einzelne Sorten hohe Befallsgrade und Toxingehalte, die nach anderen Untersuchungen in Vorjahren eher als unbedenklich einzustufen waren. Ähnlich wie bei der Anfälligkeit für Blattflecken fehlt es bei den Sorten nach mehreren symptomfreien Jahren sehr schnell an Erkenntnissen bezüglich der Sortenanfälligkeit, da mit der zunehmenden Sortenflut im Maisanbau die Lebensdauer neuer Maissorten weiter abnimmt. Es stehen dann regelmäßig Sorten im Anbau, über deren Anfälligkeit gegenüber speziellen Krankheiten keine Informationen vorliegen. Vor diesem Hintergrund gewinnen Maßnahmen zur Ackerhygiene, insbesondere des Strohmanagements zusätzlich an Bedeutung. Mit der Sortenwahl allein kann möglichen hohen Toxingehalten zur Maisernte sicherlich nicht begegnet werden. Fraglich ist auch noch, ob hohen Fusarientoxinbelastungen in Maisernteprodukten zukünftig mit gezielten Fungizideinsätzen begegnet werden kann oder muss.

Sind zur Ernte hohe Befallsgrade zu erwarten oder erste Symptome zu erkennen, sollte so früh wie möglich geerntet werden um die weitere Toxinbildung zu stoppen. Bei der CCM-Nutzung ist dann auf die Mitnahme auch nur geringster Spindelanteile zu verzichten, da die Spindel unter Umständen extrem belastet sein kann. Während die weitere Toxinbildung nach der Ernte durch umgehende Trocknung oder Säurekonservierung gestoppt werden kann, bleiben einmal eingefahrene Toxine im Futterlager erhalten. Ein Abbau der bei der Ernte vorhandenen Fusariumtoxine erfolgt nicht.

Autor: Norbert Erhardt