Silomais, Hirse oder Sonneblumen im Zweitfruchtanbau?

RoggenganzpflanzensilageBild vergrößern
Roggen zur Energiegewinnung wird bei der Ganzpflanzensilage gegen Ende der Milchteife gehäckselt


Sonnenblumenaussaat mit NetzenBild vergrößern
Ansaaten von Sonnenblumen sind durch Vogelfraß stark gefährdet. Im kleinparzellierten Versuchsanbau ist ein Vogelschutz durch Netze meist unumgänglich


Hirse als ZweitfruchtBild vergrößern
2009 konnten mit Hirse (Sorghum) im Zweitfruchtanbau hohe Trockenmasseerträge erzielt werden


Unterschiedliche HirseerträgeBild vergrößern
Die geprüften Hirsesorten unterscheiden sich deutlich im Masseertrag und in der Abreife. Fotos: Norbert Erhardt


Über den Anbau von Mais, Hirse und Sonnenblumen als Zweitfrucht nach Getreideganzpflanzensilage informiert Norbert Erhardt.

Die Anbaufläche für Energiemais in NRW dürfte sich vorsichtig geschätzt im vergangenen Jahr auf 35.000 bis 40.000 ha belaufen haben. Für 2010 ist mit einer Ausdehnung des Energiemaisanbaus in NRW auf bis zu 50.000 ha zu rechnen. Silomais nimmt damit als Energielieferant in der Biogasproduktion eine absolute Spitzenstellung ein. An die Grenzen stößt der Maisanbau neben den Höhenlagen insbesondere dort, wo in trockenen Jahren die Wasserreserven des Standortes für die Ertragsbildung nicht immer ausreichen. Anbau begrenzend können zukünftig aber auch restriktive Maßnahmen zur Eindämmung eines jederzeit möglichen Auftreten des Maiswurzelbohrers werden. Als Alternative zum Mais wird im Versuchswesen und in der Praxis Getreideganzpflanzensilage (GPS) als Substrat für die Biogasproduktion geprüft bzw. angebaut, unter anderen um die Winterniederschläge sicher in Ertrag umsetzen zu können. Auf Grund des Massenwuchses und der zügigen Entwicklung bietet sich hierfür insbesondere Winterroggen an. Die Ernte erfolgt dabei gegen Ende der Milchreife / beginnende Teigreife mit Trockenmassegehalten im Bereich von 32 bis 35 Prozent. In den Niederungslagen Nordrhein-Westfalens wird dieses Entwicklungsstadium ab der ersten Junidekade erreicht. Versuchsergebnisse zeigen, dass mit der Getreideganzpflanzensilage realistische Trockenmasseerträge zwischen 100 und 150 dt/ha erzielt werden können. In einem gesonderten Versuchsprogramm hat die Landwirtschaftskammer NRW in den vergangenen Jahren geprüft, wie die verbleibende Vegetationszeit nach der GPS-Ernte für die weitere Substratproduktion genutzt werden kann. Während im Zwischenfruchtanbau nach dem Drusch der Wintergerste nach wie vor klassische Zwischenfrüchte wie Feldgras, Raps oder Ölrettich, für die Biogasnutzung aber auch Sommergerste und Hafer zum Anbau kommen, ermöglicht die frühe GPS-Ernte auch den Anbau von Früchten, die eine längere Vegetationsperiode zum Ertragsaufbau benötigen. In den Versuchen am Standort Dülmen- Merfeld im Kreis Coesfeld wurden diesbezüglich mehrere Mais-, Hirse- ( Sorghum) und Sonnenblumensorten geprüft.

Vorteile für Zweitfruchtmais

Die Abbildung zeigt den Ertragsvergleich der geprüften Zweitfrüchte in den einzelnen Versuchsjahren. Zu beachten ist dabei, dass es sich bei den dargestellten Erträgen um Versuchserträge handelt, die üblicherweise in Nettoparzellen (ohne Wege) ermittelt werden. Wie auch bei anderen Sortenversuchen fallen die Erträge in der Praxis daher in der Regel um 15 bis 20 % geringer aus. Im Versuchsjahr 2007 konnten die Versuche auf Grund von Vogelschäden nicht im Juni etabliert werden, so dass zu einem üblichen Zwischenfruchttermin nach dem Gerstendrusch erneut bestellt wurde. Diese Ergebnisse sind gesondert zu bewerten, zeigen aber deutlich, dass bei einer Bestellung im Juli die Vegetationszeit für Mais und Hirse nicht mehr ausreicht. Sonnenblumen konnten bei der späten Aussaat durchaus noch einen akzeptablen Trockenmasseertrag realisieren, mussten zuletzt aber auch mit sehr niedrigen T-Gehalten geerntet werden.

Bei zeitiger Bestellung der Zweitfrucht bis zum 15. Juni in den Jahren 2008 und 2009 konnten hingegen mit Silomais noch hohe Trockenmasseerträge mit zum Teil sehr hohen T-Gehalten erzielt werden. In 2009 lieferte auch die Hirse hohe Erträge. Erwartungsgemäß erzielten Maissorten mit niedrigen Reifezahlen in der Regel die höchsten T-Gehalte. Unter den günstigen Bedingungen in den beiden vergangenen Jahren kamen aber auch Sorten im Reifebereich S 230 noch gut zu recht. Im Zweifelsfall sollte im Zweitfruchtanbau aber immer den Sorten mit niedrigeren Reifezahlen, also früherer Abreife der Vorzug gegeben werden. Spätere Sorten zeichnen sich zwar durch ein höheres Ertragspotenzial aus, dieses kann bei nicht vollständiger Reife aber nicht genutzt werden. Zweitfruchtmais zeigte sich in allen drei Versuchsjahren als sehr anfällig für Turcicum-Blattflecken, so dass auf Sorten zurück gegriffen werden sollte, die sich als wenig anfällig für diese Krankheit gezeigt haben.

Die geprüften Hirsen streuen sowohl ertraglich wie auch bezüglich der Abreife im weiten Bereich. Auch bei den Züchtern hat die Selektion bezüglich der Anbauwürdigkeit dieser Frucht unter unseren klimatischen Bedingungen offensichtlich gerade erst begonnen. Als ertragsstabil über die Jahre zeigen sich die Sonnenblumen. Auch fallen die Ertragsunterschiede zwischen den Sorten hier am geringsten aus. In 2008 war bei den Sonnenblumen unter feuchten Bedingungen sortenspezifisch stärkerer Befall mit Sklerotinia und Botrytis zu beobachten. Auffallend ist, dass das Häckselgut der Sonnenblumen auch unter günstigen Bedingungen relativ niedrige T-Gehalte aufweist. Erfahrungen aus der Praxis zeigen aber, dass das Erntegut auch mit niedrigen T-Gehalten gut zu verarbeiten ist.

Die kompletten Versuchsergebnisse, einschließlich der Ergebnisse der geprüften Sorten sind den angehängten Dateien zu entnehmen.

Wasserversorgung beachten

Als Ertrags begrenzend für den Zweitfruchtanbau wird sich vielfach die Wasserversorgung darstellen, da die Vorfrucht in Abhängigkeit von den gefallenen Niederschlägen kaum Feuchtigkeit zurücklässt. Das für den Feldaufgang und die weitere Entwicklung der Zweitfrucht benötigte Wasser kann in der Regel nur über Niederschläge gedeckt werden. So war auf dem Sandboden in Merfeld im Jahr 2008 ein verzögerter Feldaufgang zu beobachten, da nach der Bestellung der Zweitfruchtversuche anfänglich kein nennenswerter Regen viel. Für den Anbauerfolg sollte daher unbedingt wasserschonend gearbeitet werden. Unter trockenen Bedingungen bietet sich die pfluglose Bestellung an. Muss gepflügt werden, sollte direkt im Anschluss bestellt werden. Unter extremen Bedingungen wie zuletzt in den Jahren 2006 und 2003 muss standortabhängig mit deutlichen Ertragsverlusten bis hin zum Totalausfall gerechnet werden, was allerdings auch den Hauptfruchtmais auf extremen Standorten treffen kann. Gerade hier liegen aber die Vorteile des Zweifruchtanbaus, da das Risiko von massiven Trockenschäden in einen Jahr auf entsprechenden Standorten auf zwei Früchte verteilt werden kann. In Jahren mit optimalen Niederschlagsverhältnissen können in der Summe von Getrteide-GPS und anschließender Zweitfrucht hingegen Trockenmasseerträge realisiert werden, die sogar über dem Ertrag von Silomais im Hauptfruchtanbau liegen.

Kosten berücksichtigen

Vor dem Hintergrund des größeren Anbaurisikos und der geringeren Ertragserwartung im Zweitfruchtanbau müssen immer die Anbaukosten im Auge behalten werden. Gegenüber den herkömmlichen, empfohlenen Maissorten fallen die Aussaatkosten bei Sonnenblumen und Hirse mit ca. 80,- €/ha deutlich niedriger aus. Allerdings sind im Handel auch Maissorten erhältlich, die zu günstigeren Preisen als die Hochleistungssorten für den Hauptfruchtanbau angeboten werden. Es ist empfehlenswert sich rechtzeitig um Saatgut zu kümmern. Die Düngungskosten sollten sich im Zweitfruchtanbau nur auf die Ausbringungskosten der organischen Düngung belaufen. Hirse zeichnet sich wie Mais durch eine sehr langsame Jugendentwicklung und eine schwache Konkurrenzkraft aus, so dass je nach Standort mit nicht unerheblichen Herbizidkosten zu kalkulieren ist. Des Weiteren sind die zusätzlichen Maschinenkosten und Ernte- bzw. Konservierungskosten zu berücksichtigen.

Darauf ist beim Anbau zu achten!

Mais und Sonnenblumen können beim Einsatz entsprechender Sätechnik auch in Mulchsaatverfahren bestellt werden. Die Hirse mit Feinsaatcharakter sollte hingegen eher nach einer Pflugfurche in ein feinkrümeliges Saatbett gelegt werden. Bei der Aussaat von Hirse und Sonnenblumen kann vorhandene Mais- oder Rübeneinzelsaattechnik zum Einsatz kommen. Dabei sind auch bei diesen Kulturen Reihenabstände bis zu den üblichen 75 cm möglich. Maislegegeräte müssen dafür in der Regel allerdings mit anderen Säscheiben (2 mm Lochung) ausgerüstet werden. Die Aussaatstärken bewegen sich bei Sonnenblumen wie bei Mais zwischen 8 und 10 Körnern/m². Hirse muss deutlich dichter mit 25 bis 30 Körnern/m² bestellt werden, wobei besonders bei der Hirse die stark schwankende Keimfähigkeit zu berücksichtigen ist. Die Kornablage sollte flach, bei 2 bis maximal 4 cm erfolgen.

Insbesondere bei kleinräumigem Anbau kann es im Zweitfruchtanbau zu erheblichen Problemen bis hin zum Totalausfall durch Vogelfraß kommen. Während Krähen, Fasane und Tauben immer gefährlich werden können, ist die Sonnenblume, die beim Feldaufgang das Korn aus dem Boden schiebt, in diesem kurzen, sehr anfälligen Entwicklungsstadium auch durch Drosseln und andere Kleinvögel gefährdet. Der Saattermin ist daher so zu wählen, dass ein zügiger Feldaufgang zu erwarten ist. Im Falle des Maisanbaus sollte das Saatgut zusätzlich mittels Mesurol oder eines anderen Reppelents gegen Vogelfraß geschützt werden. Im Sonnenblumen- und Hirseanbau sind keine Repellents zugelassen.

Die Düngung sollte auch aus Kostengründen organisch zur Saat erfolgen. Je nach Bodenversorgung und Nachlieferungsvermögens des Standortes sollte sich die N-Düngung auf 80 bis 120 kg N/ha bei Sonnenblumen und 130 bis 160 kg N/ ha bei Hirse und Mais belaufen. Dabei ist zu beachten, dass eine überzogene Stickstoffdüngung zu Reifeverzögerungen führen kann. Auf Standorten mit guter P-Versorgung kann beim Mais auf die Unterfußdüngung verzichtet werden, da die Phosphatverfügbarkeit bei höheren Temperaturen immer gewährleistet sein dürfte. Während bezüglich der Unkrautbekämpfung im Zweitfruchtmais auf die bewährten Mittel aus dem Hauptfruchtanbau zurückgegriffen werden kann, sind die Möglichkeiten der Unkrautbekämpfung beim Hirse- und Sonnenblumenanbau sehr begrenzt. Über die möglichen Strategien wird die Landwirtschaftskammer in Pflanzenbau aktuell zeitnah informieren.

Autor: Norbert Erhardt