Neue gesetzliche Regelungen bei Speise- und Wirtschaftskartoffeln

Befall durch Kartoffelzystennematoden, Schadbild einer empfindlichen SorteBild vergrößern
Befall durch Kartoffelzystennematoden, Schadbild einer empfindlichen Sorte


Reduzierte Knollengröße und -anzahl nach Befall mit KartoffelzystennematodenBild vergrößern
Reduzierte Knollengröße und -anzahl nach Befall mit Kartoffelzysten-Nematoden


Isolierte Zysten von Globodera rostochiensisBild vergrößern
Isolierte Zysten von Globodera rostochiensis


Zysten an KartoffelwurzelnBild vergrößern
Zysten an Kartoffelwurzeln. Fotos: Prof. Dr. Gerhard Lauenstein, Justus-Liebig-Universität Gießen


Jährliche Untersuchung auf Kartoffelzystennematoden vorgeschrieben - der Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen informiert

Seit Ende des letzten Jahres ist eine neue europäische Regelung für die Nematodenuntersuchung von Kartoffelanbauflächen in Kraft, die insbesondere für den Bereich der Speise- und Wirtschaftskartoffeln neue Vorgaben stellt. (Verordnung zur Bekämpfung des Kartoffelkrebses und der Kartoffelzystennematoden vom 6. Oktober 2010). Um Aussagen über die Befallssituation von Ackerflächen mit den Quarantäneschaderregern Globodera rostochiensis und Globodera pallida (Kartoffelzystennematoden) zu erhalten, müssen jährlich Anbauflächen von Speise- und Wirtschaftskartoffeln auf diese Quarantäneschaderreger untersucht werden. Die Untersuchung erfolgt nicht flächendeckend auf allen Anbauflächen, sondern im Rahmen einer amtlichen Erhebung sind jährlich 0,5 % der Anbaufläche in den Bundesländern zu beproben.

Verbreitung und Entwicklung der Kartoffelzystennematoden

Kartoffelzystennematoden treten in fast allen EU-Mitgliedstaaten auf und stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Kartoffelproduktion dar. Die Verbreitung erfolgt über verseuchte Erden, die durch die Wirtspflanzen und vor allem durch Bearbeitungsgeräte verschleppt werden. Zu den Wirtspflanzen zählen neben der Kartoffel auch Tomaten, Auberginen, Paprika, Erdbeeren, Spargel und vor allem die wildwachsenden Solanum-Arten wie Schwarzer und Bittersüßer Nachtschatten. Der Schaderreger ist so gefährlich, weil die Zysten (Überdauerungsform) auch ohne Vorhandensein einer Wirtspflanze sehr lange (bis zu 20 Jahren) im Boden überdauern. Beim Anbau einer Wirtspflanze werden die in den Zysten lebenden Larven durch die Wurzelexsudate der Wirtspflanze aktiviert und können schlüpfen. Die Larven dringen in die Wurzeln ein und schädigen die Pflanzen durch ihre Saugtätigkeit. Die Aufnahme von Nährstoffen und Wasser wird dadurch nachhaltig gestört. Nach verschiedenen Larvenstadien verlässt das Männchen die Pflanze und befruchtet die nun angeschwollenen, aus dem Rindengewebe herausragenden Weibchen. Diese sind außen an der Wurzel als kleine kugelige Gebilde (Zysten) mit einer Größe von 0,5 - 0,8 mm gut zu erkennen. Die Zysten von Globodera rostochiensis (Gelber Kartoffelnematode) sind zunächst weiß und verfärben sich im Laufe der Vegetation von goldgelb bis braunschalig. Bei Globodera pallida (Weißer Kartoffelnematode) fehlt die „Gelbphase“. In den Zysten, die sich bei voller Entwicklung von den Wurzeln lösen, befinden sich 200 - 300 Eier, aus denen sich die Larven entwickeln. Bei starkem Befall treten im Bestand nesterweise Wuchsdepressionen auf. Die Blätter und Knollen bleiben klein. Welkesymptome werden sichtbar und erhebliche Ertragseinbußen sind die Folge. Es handelt sich um einen typischen Fruchtfolgeschädling.

Die neue europäische Verordnung zur Bekämpfung des Kartoffelkrebses und der Kartoffelzystennematoden

Ziel dieser europäischen Verordnung, die für alle Mitgliedsstaaten gilt ist es, die Verbreitung festzustellen, die Ausbreitung zu verhindern und vor allem die Kartoffelzystennematoden zu bekämpfen. Durch die Untersuchung der Flächen erhält man Informationen über den Befallsstatus und damit sind Aussagen über die Handelsfähigkeit der Kartoffeln aus den jeweiligen Regionen bzw. Bundesländern möglich. Dadurch wird den Betrieben eine Sicherheit für die Produktion und den Handel der Kartoffeln gegeben. Die Maßnahmen dienen der nachhaltigen Kartoffelerzeugung und des Kartoffelhandels in NRW und sind ein wichtiger Beitrag zur Harmonisierung innerhalb der Europäischen Union sowie der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Kartoffelproduzenten.

Im letzten Jahr wurden in Nordrhein-Westfalen 31.580 ha Kartoffeln angebaut. Aus diesen Flächen erfolgte die Auswahl der Flächen für die Probenahme auf Kartoffelzystennematoden. Die Flächen werden in NRW vom Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. Die ausgewählten Landwirte erhalten rechtzeitig vom Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen ein Informationsschreiben. Die Probenahme findet nach der Kartoffelernte durch Mitarbeiter des Pflanzenschutzdienstes statt. Die Ergebnisse werden in ein amtliches Verzeichnis eingetragen und müssen jährlich der EU-Kommission gemeldet werden.

Was passiert, wenn Befall mit Kartoffelzystennematoden festgestellt wird?

Ein Befall liegt vor, wenn in einer Bodenprobe mindestens eine Zyste der Kartoffelzystennematoden mit lebendem Inhalt gefunden wurde. Auf befallenen Flächen ist ein Anbau von Kartoffeln genau geregelt und nicht mehr ohne weitere Beschränkungen möglich. Das größte Risiko besteht bei dem Anbau von Pflanzkartoffeln, die generell nicht mehr auf befallenen Flächen angebaut werden dürfen, auch nicht zum Zwecke des Nachbaus. Der Anbau von Speise- und Wirtschaftskartoffeln ist auch zunächst einmal prinzipiell für die nächsten Jahre nicht mehr möglich. Eine Ausnahme besteht, wenn im Rahmen eines amtlichen Bekämpfungsprogramms mit dem Ziel der Reduzierung der Nematoden geeignete Maßnahmen durchgeführt werden.

Geeignete Maßnahmen sind.

  1. eine Anbaupause von mindestens sechs Jahren.
  2. Anbau resistenter Kartoffelsorten der Noten 7, 8 oder 9, kombiniert mit einer Anbaupause von mindestens zwei Jahren.
  3. die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (Nematizide), die geeignet sind, die Nematodenpopulation zu reduzieren, kombiniert mit einer Anbaupause von mindestens zwei Jahren. (Hinweis: das in Deutschland zugelassene Präparat Nemathorin® 10 G erfüllt diese Anforderungen nicht).
  4. andere geeignete Maßnahmen zur Reduzierung der Kartoffelzystennematodenpopulation. Diese Maßnahmen müssen von der zuständigen Behörde genehmigt werden.

Um zu verhindern, dass die zystenbildenen Nematoden über Erden verschleppt werden, ist eine Reinigung der landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte die im Kartoffelanbau zum Einsatz kommen ebenfalls vorgeschrieben. Hier ist ein hohes Maß an Hygiene notwendig. Dies gilt insbesondere bei überbetrieblich genutzten Maschinen, da hier ist die Gefahr der Verschleppung besonders groß ist.

Wie sieht es mit dem Nachbau aus?

Flächen auf welchen Pflanzkartoffeln zum Zwecke des Nachbaus produziert werden, müssen grundsätzlich auf Kartoffelzystennematoden untersucht werden. Eine Ausnahme ist dann möglich, wenn die zum Zwecke des Nachbaus erzeugten Pflanzkartoffeln innerhalb eines Umkreises von 20 km um die Erzeugungsfläche ausgepflanzt werden und der Anbau vom selben Betrieb erfolgt. Es besteht eine Aufzeichnungspflicht. Der Landwirt muss die Lage und Größe der Flächen der zum Nachbau bestimmten Pflanzkartoffeln, Lagerort des Pflanzgutes und die Anbauflächen, auf der diese Kartoffeln im Folgejahr angepflanzt werden aufzeichnen und auf Anforderung dem Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen vorlegen. Die Aufzeichnungen können im Rahmen einer Schlagkartei oder gesondert dokumentiert werden. Mustervorlagen stehen hier zur Verfügung:

Neue Anforderungen für Verarbeitungsbetriebe von Kartoffeln

Die neue Bekämpfungsverordnung betrifft nicht nur die Produktion von Kartoffeln, sondern auch den Handel und die Verarbeitung. Der kritische Punkt ist dabei die Resterde, die bei der Verarbeitung anfällt. Zukünftig dürfen nur noch Betriebe Kartoffeln verarbeiten, sortieren und verpacken, die anerkannte und genehmigte Verfahren für die Resterden anwenden. Bei der Anlieferung und Verarbeitung anfallende Resterden dürfen nicht auf Flächen, auf denen Kartoffeln angebaut werden oder angebaut werden könnten, aufgebracht werden. Zu diesem Thema wird es Kürze weitere Informationen für die Verarbeitungsbetriebe geben.

Rechtsgrundlagen

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Autor: Agnes Schröder