Bovine Virus-Diarrhoe (BVD)

Entwicklung der Bekämpfung

Für die Bovine Virus-Diarrhoe besteht seit Ende 2005 Anzeigepflicht, zuvor war die Krankheit nur meldepflichtig. Eine bundeseinheitliche Bekämpfung, wie sie für anzeigepflichtige Tierseuchen üblich ist, startete allerdings erst im Jahre 2011. Zuvor gab es in einigen Bundesländern bereits freiwillige (z.B. NRW) oder verpflichtende (z.B. Sachsen-Anhalt) Bekämpfungsprogramme.

Krankheitsbild und Übertragung

Krankheitserreger ist das sogenannte Bovine-Virus-Diarrhoe-Virus aus der Familie der Pestiviren. Hauptverbreiter dieses Virus sind die sogenannten Virämiker oder auch PI-Tiere, wobei PI für persistent, also dauerhaft, infiziert, steht. Das sind Tiere, die sich in der für das heranwachsende Immunsystem kritischen Phase der Trächtigkeit, d.h. etwa vom 26. bis 150. Trächtigkeitstag, im Mutterleib angesteckt haben, die Infektion überlebten und das Virus nun für eine körpereigene Struktur halten. Das Immunsystem dieser Tiere kann deshalb das BVD-Virus nicht bekämpfen. Es ist nicht in der Lage, das Virus beispielsweise durch Bildung von Antikörpern zu eliminieren. Diese persistent infizierten Kälber tragen also zeitlebens BVD-Virus in sich und scheiden es auch aus. Das früher beschriebene typische kümmern dieser Tiere, verbunden mit vorzeitigem Verenden an Erkrankungen wie Lungenentzündung oder Durchfall oder auch an der Sonderform der BVD, der Mucosal Disease (MD), einem blutigen Durchfall infolge irreversibler Auflösung der Schleimhaut des Magen-Darm-Traktes, ist mit den Jahren immer unspezifischer geworden. Ein Ausschluß von BVD anhand des klinischen Eindrucks einer Herde ist heutzutage unmöglich. Im Vordergrund der Klinik stehen meist unspezifische Immun- und Leistungsdepressionen. Einmal ausgeschiedenes BVD-Virus kann übrigens sehr leicht durch belebte (Menschen, andere Tiere) und unbelebte Faktoren (Geräte, Transporter etc.) über den Kot verschleppt werden.

Wird der Erreger in einen ungeimpften, also ungeschützten Bestand gebracht, können sich die Tiere infizieren und zeigen häufig nur schwache Symptome wie vorübergehender Durchfall oder Husten. Diese Tiere sind transient, d.h. nur vorübergehend, infiziert und nicht gefährdet. Sind solche Tiere jedoch trächtig, kann das Virus auf den Foetus übergehen und erneut Virämiker hervorbringen. Nach den Erkenntnissen der letzten 15 Jahre können Virämiker mehrere Jahre alt werden und selbst Kälber hervorbringen, die ebenfalls PI-Tiere sind.
Einzelne Virusstämme wie beispielsweise der Typ IIc, welcher 2013 in NRW am Niederrhein gefunden wurde, können allerdings auch im Rahmen einer transienten Infektion bereits tödlich verlaufende Klinik auslösen.

Bekämpfungsstrategie

Ein wesentlicher Punkt einer effektiven Bekämpfung der BVD besteht, immer begleitet von entsprechender Betriebshygiene (siehe auch Rinderhaltungshygieneleitfaden für NRW!), darin, die Virämiker so früh wie möglich zu erkennen und zu merzen, um den Infektionsdruck in den betroffenen Beständen und der gesamten Rinderpopulation so gering wie möglich zu halten. Nicht jedes Tier, bei dem BVD-Virus nachgewiesen wird, ist gleich ein Virämiker, erst die Nachuntersuchung nach mindestens 2 Wochen beweist durch einen erneuten Virusnachweis, dass das BVD-Virus von diesem Tier nicht durch Antikörper neutralisiert werden kann. Eine besondere Regelung gilt dabei für mittels Ohrstanze entdeckte neugeborene virustragende Kälber, bei denen ein einmaliger Nachweis des Antigens ausreicht. Virämiker sind umgehend der Schlachtung bzw. der Euthanasie zuzuführen.

Das Verfahren der Erkennung von Virämikern in Nordrhein-Westfalen bestand darin, zunächst über Blutproben alle Tiere im Bestand nach Antigenträgern zu suchen und nun alle nachfolgenden Kälber per Ohrstanzmarke, die innerhalb der ersten 7 Lebenstage gezogen werden muss, zu beproben. Kühe brauchten nicht beprobt zu werden, wenn ihre direkten Nachkommen Antigen-negativ waren, so konnte der Nachweis auch für diese Tiere abgeleitet werden.

Tierhalter, die Tiere in ihren Bestand aufnehmen, müssen sich darüber im Klaren sein, daß eine in den Tierpass eingetragene negative BVD-Untersuchung nur bedeutet, daß es sich bei diesem Tier nicht um einen Virämiker handelt. Sollte sich das Rind aber in den letzten Tagen zuvor beispielsweise auf einem Transport allerdings transient infiziert haben, kann es infektiöses Virus mit in den Bestand bringen und dort für Tage bis Wochen ausscheiden!

Als drittes Standbein der BVD- Bekämpfung neben Hygiene und Virämikermerzung gilt die Schutzimpfung. Durch ausreichende Antikörper bei den Muttertieren sollen dabei Infektionen während der Trächtigkeit vermieden und somit die Entstehung virämischer Kälber verhindert werden. Es gibt derzeit verschiedene Impfstoffe (lebend und tot) mit verschiedenen Impfregimen. Mittlerweile ist es auch möglich, nicht nur BVD-Typ I, sondern auch zusammen gegen die Typen I und II zu impfen. Für die Impfung gegen die BVD kann bei der Tierseuchenkasse NRW eine Beihilfe zu den Impfstoffkosten beantragt werden, wenn sich der Betrieb verpflichtet, für 3 Jahre gemäß den jeweiligen Herstellervorgaben zu impfen. Dazu muss dann natürlich auch jede Impfung durch die Haustierarztpraxis in der HI-Tier-Datenbank eingetragen worden sein, dies sollte mittlerweile aber bei seuchenrelevanten Impfungen eine Selbstverständlichkeit sein.

Autor: Dr. Peter Heimberg